Der Nachweis subatomarer Teilchen

In den 1950er Jahren wurden Blasenkammern entwickelt, um erstmals die Spuren subatomarer Teilchen sichtbar zu machen. In den 1960er und 70er Jahren wurden sie erfolgreich in der wissenschaftlichen Forschung eingesetzt. Die wissenschaftliche Analyse stützte sich dabei auf die manuelle Auswertung von Fotografien der Teilchenspuren. In den 1980er Jahren wurden Blasenkammern durch elektronische Detektoren ersetzt, die eine computergestützte Analyse ermöglichten.

Das Funktionsprinzip

Eine Blasenkammer besteht aus einem großen gasgefüllten Kessel, dessen innerer Druck durch einen Kolben variiert werden kann. Während des Experiments wird der große Kolben langsam herausgezogen, der Druck innerhalb der Kammer verringert sich. Das Gas, das sich zuvor nahe an seinem Siedepunkt befand, wird durch die Druckverringerung in einen metastabilen Zustand gebracht. Durchqueren nun geladene Teilchen das Gasvolumen, so ionisieren sie auf ihrem Weg Gasmoleküle, und es entstehen mikroskopisch kleine Bläschen entlang des Weges. Solange der Kolben aus der Balsenkammer herausgezogen wird, wächst der Durchmesser der Bläschen, bis die Teilchenspur als Linie aus kleinen Bläschen sichtbar wird und aus verschiedenen Perspektiven fotografiert werden kann.

Die wissenschaftliche Analyse stützt sich auf die Auswertung der Fotos. So ist die Größe der Bläschen proportional zum spezifischen Energieverlust des Teilchens pro Wegstrecke im Gas. Auf diese Art kann der Teilchentyp eingegrenzt oder gar identifiziert werden. Wenn die Blasenkammer in einem starken magnetischen Feld steht, krümmt die magnetische Kraft die Spuren der durchquerenden geladenen Teilchen. Der Radius der zugehörigen Bläschenspur kann gemessen und aus ihm die Energie des Teilchens bestimmt werden. Da subatomare Teilchen oft begrenzte Lebensdauern haben und sie spontan in andere Teilchen zerfallen, kann aus der Weglänge die Lebensdauer der Mutterteilchen abgeschätzt werden.

Die Ästhetik von Blasenkammeraufnahmen

Blasenkammeraufnahmen zeigen die Fußspuren unsichtbarer Teilchen und haben so die Phantasie vieler Forscher angeregt. Für ihre Analysen schießen Physiker normalerweise Teilchen in die Blasenkammer, indem sie eine radioaktive Quelle an ihrer Außenseite plazieren oder indem sie einen Teilchenstrahl auf die Kammer richten. Die entstehenden Bilder visualisieren den Weg der Teilchen und ihrer Zerfallsprodukte durch die Kammer.

Kosmische Strahlen aus dem Weltall können zufällig in die Kammer streuen und das eigentliche Signal überlagern. Darüber hinaus können subatomare Teilchen spontan aus dem Vakuum entstehen und wieder vergehen und ebenfalls das Bild überlagern.

Subatomare Teilchen „fühlen“ einander und beeinflussen sich gegenseitig (z.B. stoßen sich gleichgeladene Teilchen ab, oder der Zerfall eines Teilchens wird von den umgebenden Teilchen beeinflußt). Sie wechselwirken ständig miteinander, mit ihren Zerfallsprodukten, mit kosmischen Strahlen und mit der komplexen Vielfalt von Teilchen, die ständig aus dem Vakuum entstehen, gleich einem sehr komplexen kosmischen Tanz.


Dr. Uwe Flagmeyer, Hochenergie-Physiker, CERN 1995—2002